Diese Art Prädikat stellt eine Erweiterung des einfachen verbalen Prädikats dar. Das Vollverb im Infinitiv verbindet sich mit einem Funktionsverb in einer beliebigen konjugierbaren Form.
Biverbale Fügungen treten als Ausdrucksmittel der Modalität, des Genus und der Aktionalität auf. Man nennt sie halbfeste biverbale Wortfügungen mit gtammatischer Bedeutung.
Das zusammengesetzte verbale Prädikat kann auch aus drei Komponenten bestehen:
- Aus einer halbfesten Fügung – einem Funktionsverb
- Einem Substantiv/Adjektiv/Partizip
- Einem Vollverb
Den Wunsch haben zu reisen; gewohnt sein zu reisen; die Gewohnheit haben zu reisen u.a.
Als Merkmale des zusammengesetzten verbalen Prädikats gelten meist:
- Die Unmöglichkeit, den ersten Teil ohne den zweiten zu gebrauchen, wegen der Synsemantie (lexikalischer Unselbstständigkeit) des Funktionsverbs. Nur bei der Wiederholung der Aussage kann der erste Teil allein gebraucht werden, da der zweite Teil schon aus dem Vortext bekannt ist.
Kannst du Schlittschuh laufen? – Ja, ich kann es.
Er beginnt zu laufen. Ich beginne es auch.
- Die Unmöglichkeit, den zweiten Teil des Prädikats in einen dass-Gliedsatz umzuformen
- Die Möglichkeit, den zweiten Teil des Prädikats ohne den ersten Teil als sinnvolles einfaches Prädikat zu gebrauchen:
Der Junge schwimmt. Er fährt an die Ostsee. (Der Junge kann schwimmen. Er möchte an Ostsee fahren).
Am häufigsten erscheint das zusammengesetzte verbale Prädikat, dessen erster Teil die Modalität bezeichnet. Dazu gehören:
- Die Verbindungen des Infinitivs mit den Modalverben: können, dürfen, sollen, müssen, wollen, mögen.
Der Junge kann schwimmen.
Vereinzelt wird das Modalverb ohne Infinitiv gebraucht. Es handelt sich meist um einen ausgesprochenen Infinitiv:
Er will in die Stadt (gehen, fahren).
Diese Sportler wollen zu den Olympischen Spielen (fahren).
Das Verb „mögen“ in der Bedeutung „gefallen, gern haben“ verlangt ein Akkusativobjekt: Er mag diese Speise nicht.
- Die Verbindungen des Infinitivs mit den Synonymen der Modalverben: wünschen (sich), begehren, den Wunsch haben, Lust haben; brauchen (nicht), vermögen, (es) nötig haben; die Möglichkeit haben, imstande sein, außerstande sein, wissen; verstehen, fähig (bemüht, gezwungen, willig) sein.
Er wünscht ungestört zu sein.
Er verstand zwischen den Zeilen zu lesen.
Wir brauchen uns nicht zu beeilen.
Er ist imstande, stundenlang zu diskutieren.
- Scheinen, glauben + zu+ Inf.:
Er scheint (glaubt) krank zu sein.
Das zusammengesetzte verbale Prädikat dient auch als Umschreibung der Aktionalität (- die Art des Verlaufs eines Geschehens – Verlaufsweise); dazu gehören die Verbindungen des Infinitivs mit den Verben:
- Anfangen, beginnen, anheben, im Begriff sein, sich machen an, drohen (mot unbelebtem Subjekt).
Die Augenentzündung begann zu heilen.
Es fängt zu regnen an.
Er macht sich daran, seinen Koffer zu packen.
- Aufhören, schließen, Schluss machen, fertigbringen, zustande bringen:
Er hörte zu sprechen auf. Sie brachte es fertig, ihn zu beruhigen
- Fortsetzen, fortfahren, bleiben, pflegen, gewohnt sein:
Sie fuhr zu sprechen fort. Er blieb liegen. Er pflegt abends spazierenzugehen.
- Lassen (sich), machen, haben:
Er lässt sich rasieren. Lass das Kind spielen!
Der Witz macht alle lachen. Er hat auf seinem Schreibtisch eine Gipsfigur stehen.
- Kommen + Partizip 2: Die Vögel kommen geflogen.
Das zg verbale Prädikat als Umschreibung des Passivs ist seltener anzutreffen: bekommen, erhalten + Partizip 2, seltener + zu + Inf.
Er bekommt ein Kassetenrecorder geschenkt. Er bekam es zu spüren.
In der Umgangssprache trifft man die Verbindung tun+Infinitiv als Umschreibung der Zeitformen an: Den ganzen Tag tut sie nichts als schlafen.
